Haus_Baderstr.2_GreifswaldBaderstrasse 2: Das Wohnhaus der Sibylla Schwarz (1621-1638)

„Meine Leyer glimt allein…Denn wo find man in dieser Stadt treue und ohn=falsche Herzen?“

Sehr treu sind die Greifswalder ihrem Wunderkind nie gewesen: das verfallene Patrizierhaus bietet Ihnen diese Ansicht an. Dabei lebte hier vor fast 500 Jahren ein Ausnahmetalent: eine Dichterin, die mit 17 Jahren souverän die europäischen Dichtungsformen beherrschte.

Alexandriner, gemeiner Vers, petrarkistisches Liebessonett, Schäfergedicht Vergilscher Prägung, antike Odenstrophen, Lieder – alles findet sich in den beiden Dichtungsbänden, die posthum 1650 in Danzig erschienen. Das Werk zeugt von Begabung, Fleiß, Wissen, Können, vor allem von Begeisterung für die „edle Poesie“:

„Kann doch/ so schlecht ich bin/ die Leyer nimmer haßen…“

Das klingt nach Stolz und nach Trotz! Die kurzen Bildungs-Wege zu Lateinschule, Universität, den Freitischen in den nahen Professorenhäusern waren für Sibylla Schwarz nicht gehbar; ihre Wege führten in den Dom, vielleicht ins Rathaus, dem „Arbeitsort“ des Vaters, Bürgermeister in schweren Kriegszeiten. Ob sie die Festmusiken aus diesen stattlichen Gebäuden zu dem raffinierten Bild der nächtlich „hüpfenden Stühle“ inspirierten?

 

Dom St. Nikolai, Greifswald

Dom St. Nikolai, Greifswald

Dom St. Nicolai, Rechter Umgang: Epitaph der Familie Schwarz

1648 starb der pommersche herzogliche Rat und Bürgermeister der Stadt Christian Schwarz. Das sein Andenken bewahrende Epitaph macht uns glücklicherweise seine dichtende Tochter Sibylla sichtbar, die bereits 1638 „als liebwerthe Braut“ die „selige und fröliche Heimfahrt“ zu ihrem „hertzallerliebsten Bräutigam“, so der damalige Prediger Christoff Hagen, angetreten hatte. Der Todestag der Dichterin war der Hochzeitstag einer ihrer Schwestern, für den Predigttext ein rhetorischer Glücksfall und zudem exemplarisch für das Zeitempfinden. Sicher war dem Prediger das meisterhafte Anagramm der „liebwerthen Braut“ nicht bekannt, das sie für das (ob des frühen Todes gescheiterte) Veröffentlichungsprojekt ihrer Gedichte, also unter falschem Namen, gefunden hatte: Sibylla Wachsesternin aus Wildeshagen – der wilde Griff zu den Sternen – genial! Probieren Sie es doch auch mal, so ein Anagramm!